Körperliche Aktivität fördert Lernen und Intelligenz

Das Verständnis des menschlichen Gehirns hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Mit der in den 1980er Jahren begonnenen Einführung der so genannten bildgebenden Verfahren wurde die Forschung erstmals in den Stand versetzt, selbst kleinste Gehirnabschnitte von Größenordnungen unterhalb eines Milliliters auf Durchblutung und Stoffwechsel untersuchen zu können. Die Ergebnisse dieser Gehirnforschung haben gezeigt, dass das Gehirn sich bis ins hohe Alter ständig erneuern und wachsen kann. Man spricht von Neuroplastizität. In der frühen Kindheit erfolgt die Vernetzung und Bildung von Nervenzellen besonders schnell, aber die Fähigkeit des Gehirns, sich den Anforderungen anzupassen, bleibt bis ins hohe Alter bestehen.

Es wurde erkannt, dass speziell körperliche Aktivität die Neubildungen von Neuronen im Gehirn fördert. Körperliche Belastung führt zu einem Anstieg der regionalen Gehirndurchblutung und einem Anstieg von Wachstumsfaktoren, die die Neubildung und Vernetzung von Nervenzellen unterstützen. Das wiederum fördert die Entwicklung der Intelligenz. Diese belastungsbedingte Neuroplastizität bildet die Grundlage dafür, dass körperliche Aktivität die geistige und psychische Verfassung des Menschen zeitlebens fördert und auf zellularer Ebene Einfluss auf das Lernen nimmt. Bewegung fördert somit Gehirnprozesse, indem sie auf die Struktur und Funktionsweise des Gehirns einwirkt. Durch den Sport trainiert man also nicht nur den Körper, sondern auch die Anpassungsfähigkeit und somit die Plastizität des Geistes. Eine weitere positive Wirkung sportlicher Betätigung auf Gedächtnisleistungen, Lernvermögen und emotionale Prozesse stellt die Erhöhung der Konzentration verschiedener Botenstoffe (Neurotransmitter) im Gehirn dar.

Das Gehirn gilt als das anpassungsfähigste Organ des menschlichen Körpers. Sport und Bewegung wirken aufgrund der aktivitätsbedingten Neuroplastizität auf die Gehirnstruktur und seine Funktionen ein. Körperlich fitte Jugendliche weisen im Vergleich zu weniger fitten Jugendlichen höhere Aufmerksamkeitsprozesse und eine effektivere kognitive Kontrolle auf. Körperliche Fitness verbessert die Leistung kognitiver Fähigkeiten, indem die geistige Anstrengung bei Prozessen der Handlungsüberwachung reduziert wird. Gehirne von körperlich leistungsfähigeren Menschen arbeiten effizienter als die Gehirne von Menschen mit geringerer Fitness.
Es konnte gezeigt werden, dass sich die selektive, exekutive Aufmerksamkeit Jugendlicher bereits durch eine zehnminütige bilaterale koordinative Übung fördern lässt! Es konnte der Nachweis erbracht werden, dass sich die Fähigkeit jugendlicher Schüler, Störreize auszublenden bzw. sich nicht ablenken zu lassen, nach einer dreißigminütigen Schulsporteinheit verbessert. Eine gesteigerte körperliche Fitness fördert exekutive Funktionen vom Kindes- bis zum Erwachsenenalter. (vergleiche https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-52228-9 )

Exekutive Funktionen steuern unser Denken und Verhalten. Sie werden besonders über Koordinationstraining gestärkt:

  • Die Inhibition ist die Fähigkeit, impulsive oder automatische Reaktionen zu kontrollieren oder zu hemmen, um durch logisches Denken und aufmerksames Handeln qualitative Antworten zu finden. Diese kognitive Fähigkeit ermöglicht Antizipation, Planung und Zielsetzung.
  • Das Arbeitsgedächtnis kann als eine Serie von Prozessen definiert werden, die es uns erlauben, kurzfristig Information zu speichern und zu verarbeiten und komplexe kognitive Aufgaben, wie beispielsweise Sprachverständnis, Lesen, Lernen oder logisches Denken, durchzuführen.
  • Die kognitive Flexibilität beschreibt die Fähigkeit, zu erkennen, welche Handlungsstrategie funktioniert und welche nicht funktioniert. Und daraus entsprechende Veränderungen vorzunehmen, um sich an die Situation anzupassen. Mentale Verlagerung (Shifting) ist die Hauptkomponente der kognitiven Flexibilität.

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